Abseits traditioneller Themen und Bildformeln wurde der Akt für Corinth und seine Zeitgenossen zudem zu einem gestalterischen Experimentierfeld. (Foto: www.landesmuseum–hannover.de)

Lovis Corinth und der Akt um 1900 in Hannover

„Nackt und bloß"

Mit der Ausstellung »Nackt und bloß. Lovis Corinth und der Akt um 1900« beleuchtet das Landesmuseum Hannover vom 26.2. – 11.06.2017 erstmals Corinths Aktbilder im Kontext seiner Zeit. Dabei werden hochrangige, teils noch nie gezeigte Arbeiten aus der Sammlung des Landesmuseums präsentiert, ergänzt durch ausgewählte Leihgaben.

Der Akt – kaum ein anderes Motiv ist so zentral für das Werk Lovis Corinths. Den nackten menschlichen Körper zeigt der Künstler in verschiedensten Varianten: von der Modellstudie im Atelier über den ironischen Blick auf antike Mythen bis hin zu sinnlich-intimen Szenen. In der Gegenüberstellung mit Werken von Zeitgenossen wie Auguste Renoir, Edgar Degas, Max Slevogt oder Paula Modersohn-Becker offenbart sich eine Epoche im Umbruch: zwischen Kunsttradition und Beginn der Moderne, zwischen Prüderie und aufkommender Freikörperkulturbewegung. Anlass zur Darstellung von Nacktheit bot Lovis Corinth vor allem die antike Mythologie. Den klassischen Themen gab der Künstler jedoch einen modernen Anstrich, indem er seine Figuren an der zeitgenössischen Lebensrealität orientierte. Die Götter und Helden der Antike erscheinen so als irdische, alltägliche Gestalten, oft in ironisch überzogenen Darstellungen.

Voyeuristische Einblicke bieten Bade- und Boudoirmotive, die in der Kunst der Jahrhundertwende stark verbreitet waren. Doch wurden die vermeintlich privaten Szenen häufig im Atelier gestellt, die Frauenakte verführerisch für den (männlichen) Betrachter in Pose gesetzt. Explizit thematisierte Corinth auch immer wieder die Beziehung von Mann und Frau, vom harmonischen Miteinander über die leidenschaftliche Umarmung bis hin zum »Geschlechterkampf«. Corinths Darstellungen sind dabei ungewöhnlich offenherzig für ihre Zeit – eine bewusste Provokation gegenüber der Prüderie der Jahrhundertwende.

Aktdarstellung in unterschiedlichster Form

Abseits traditioneller Themen und Bildformeln wurde der Akt für Corinth und seine Zeitgenossen zudem zu einem gestalterischen Experimentierfeld. Das überkommene, von der Antike geprägte Schönheitsideal wie auch die starren akademischen Modellposen verloren um 1900 an Bedeutung. Die Aktdarstellung konnte sich so in unterschiedlichsten Facetten entfalten – vom schonungslosen Realismus bis hin zum abstrahierenden Spiel mit der Körperform.

»Diese wunderbare Ausstellung zeigt einmal mehr, welche phantastische Vielfalt die Landesgalerie insbesondere im 20. Jahrhundert besitzt und welche Schätze zudem im grafischen Kabinett schlummern«, so Dr. Annette Schwandner, Ministerialdirigentin im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur.

»Erstmals widmet sich eine Ausstellung speziell dem Akt im Werk Lovis Corinths. Die Schau schöpft maßgeblich aus unseren reichen Sammlungsbeständen des deutschen Impressionismus und ergänzt diese durch wertvolle Leihgaben«, so Prof. Dr. Katja Lembke, Direktorin des Landesmuseums Hannover. »Die Sammlung der Landesgalerie ist in wesentlichen Teilen von Bürgern zusammengetragen worden. Dass sie die Grundlage für diese so schöne wie instruktive Ausstellung bilden kann, zeigt einmal mehr, wie bedeutsam, ja unersetzbar bürgerliches Engagement im geistig-kulturellen Bereich ist«, so Jost Merscher, Vorsitzender der Kunstfreunde Hannover.

Für den Audioguide wurde Ausstellungskuratorin Dr. Barbara Martin interviewt. Der Guide kann kostenlos an der Information entliehen werden.

www.landesmuseum–hannover.de

Mehr Informationen zu bemerkenswerten Ausstellungen hier bei uns im Norden finden Sie im LAND & MEER. Sie erhalten das Magazin für 8,90 Euro am Kiosk oder hier versandkostenfrei im LAND & MEER Shop.

Gratis Leseproben des Land & Meer Verlags

Lesen Sie in unseren Jahresausgaben